S.l.n.d. [um 1870].
In-8 von (11) Bl. Text in schwarzer Tinte in kleinen runden gotischen Buchstaben geschrieben, zahlreiche Initialen auf goldenem Hintergrund gemalt und illumierte Buchstaben im Text. Manuskript auf Pergament. In komplettem, weinrotem Maroquin mit langem Korn gebunden, glatter Rücken mit dem Titel in die Länge geschrieben, Vorsätze und Fliegblätter aus orangefarbenem Taffeta. Einband signiert von Cretté succ. de Marius Michel..
200 x 140 mm.
Wunderschönes illuminiertes Manuskript auf Französisch, das die Legende der Stadt Ys nacherzählt.
König Gradlon, eine unverzichtbare Figur der Cornouaille, eine legendäre Persönlichkeit, die wohl auf ein Stück historischer Wahrheit basiert, regierte einst die Stadt Ys, umgeben von zwei Heiligen, die ihn berieten: der Mönch Guénolé und der Einsiedler Corentin. Der König hatte eine Tochter, Dahut, für die er die prächtige Stadt Ys errichten ließ. Diese Stadt, gelegen an der Bucht von Douarnenez, war durch Deiche und Schleusen geschützt, deren Schlüssel der König bewachte. Dahut lebte dort in Herrlichkeit und Vergnügen. Eines Tages trifft sie auf dem Deich einen verführerischen Ritter, der sie überzeugt, die Schlüssel zu stehlen, die ihr Vater um den Hals trägt. Sie erbeutet die Schlüssel im Schlaf des Königs und übergibt sie dem Roten Ritter, der niemand anders als der Teufel ist… Dieser öffnet dann die Schleusen, und die Stadt wird von den Fluten überschwemmt. Nur Gradlon und Guénolé gelingt die Flucht. Dahut ertrinkt und verwandelt sich, so sagt man, in eine Meerjungfrau, Morgane, die immer noch darauf aus ist, Seeleute ins Unglück zu stürzen…
Das vorliegende Werk ist ein Stück von Olivier Souvestre, das der bretonischen Legende der Stadt Ys entlehnt ist. Die Figur des Königs Gradlon erscheint um 880 im zweiten Buch der „Vita Latina von St. Guénolé“ des Abtes von Landévennec. Die Legende von Gradlon verstärkt sich nach den barbarischen Invasionen des 10. Jahrhunderts und wird zum Helden eines bretonischen Lais und einer der Figuren eines Heldengedichts. Doch beruht der Ruhm der Stadt Ys vor allem auf den Schriftstellern des 19. Jahrhunderts, die die Legende verfassten und mit zahlreichen Variationen bereicherten. Im Jahr 1845 integriert Théodore Hersart de la Villemarqué sie in seine Sammlung bretonischer Lieder Le Barzaz Breiz.
Im Jahr 1850 schrieb Olivier Souvestre (1831-1896), ein großer bretonischer Liedermacher, eine Klage auf Bretonisch mit dem Titel Ar Roue Gralon ha Kear Is (Der König Gralon und die Stadt Is), inspiriert von der Legende der Stadt Ys, die zu einem der wichtigsten Verbreitungsmittel wurde. Dieses lange „Gwerz“ mit mehr als 200 Versen wurde schnell populär. Das vorliegende Manuskript, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstellt wurde, basiert auf den französischen illuminierten Manuskripten des 15. Jahrhunderts.
Das vorliegende Werk ist mit 4 illuminierten Vignetten von P. Cornilliac illustriert, die Szenen aus der Legende der Stadt Ys darstellen : Das Treffen des Königs Gradlon und des Heiligen Corentin im Wald, Prinzessin Dahut, die dem Bau der Stadt Ys beiwohnt, Prinzessin Dahut, die mit dem mysteriösen bärtigen Prinzen tanzt, die Flucht des Königs Gradlon zu Pferd. Jede Seite des Manuskripts ist zusätzlich mit einem großen und reichhaltig bemalten Rahmen mit pflanzlichen Motiven verschönert. In diesen prächtigen Umrahmungen mit pflanzlichen Motiven findet man eine Vielzahl farbenfroher Blumen mit großen, blauen, goldenen, rosa oder roten Akanthusblättern.
Wunderschönes und wertvolles illuminiertes Manuskript, vollständig von Hand auf Pergament gemalt, das eine bewegende bretonische Legende erzählt.
Zivile und historische illuminierte Manuskripte sind unendlich selten; diese luxuriösen und kostspieligen Kunstwerke waren für Stundenbücher reserviert.
Herkunft aus einer exquisiten Bibliophilen-Sammlung: Ex libris von Georges Wendling, Präsident des Freundeskreises des zeitgenössischen Buches von 1958 bis 1959.