Genua, Giuseppe Pauoni / Pavoni, 1617.
Kleines Folio von (1) leeres Blatt, (7) Blätter davon 1 gestochenes Frontispiz und 1 vollseitige Gravur, 255 Seiten davon 19 vollseitige Gravuren, 71 S., (1), 36, (4) S. von Tabellen, (1) Frontispizblatt. Im Spiegel des ersten Frontispizes wurde das Porträt des Tasso von Sadeler (1617) hinzugefügt. Das Zentrum des Blattes wurde auf die Größe des Bildes zugeschnitten, das er vorne aufgeklebt hat. Dieses Vorgehen ist typisch für HD, einen bekannten, wenn auch nicht ganz identifizierten Sammler.
Volles rotes Maroquin im Stil von Du Seuil, mit blühen in den Ecken der dreifachen Linienbordüre und in der Mitte der Deckel das Monogramm HD, umgeben von vier durchgestrichenen S, verzierte Kanten, goldene Innenrollen, Rücken mit kleinen Punktmotiven verziert, goldene Schnitte. Einbändiger Einband aus der Zeit.
300 x 205 mm.
Berühmte und elegante Ausgabe, die zweite illustrierte, dieses epischen Gedichts, das eine weitgehend fiktionale Erzählung des ersten Kreuzzugs nachzeichnet, währenddessen die christlichen Ritter unter der Führung von Gottfried von Bouillon gegen die Muslime (Sarazenen) kämpfen, um die Belagerung Jerusalems im Jahr 1099 aufzuheben.
Graesse VII, 33; Brunet V, 666; Jean-Marc Chatelain, La politesse des livres.
„Es ist nicht nur ein episches oder religiöses Gedicht, sondern auch eines der tragischen Lieben – die von Tancredi und Clorinda, von Renaud und Armide, um nur die beiden Hauptpaare zu nennen. Der Tasso wollte ein Kriegsepos schaffen, in dem das Liebesthema und das Wunderbare mit den großen Taten vereinbar wären. Diese Spannung zwischen der Sphäre der weltlichen Leidenschaften und dem religiösen Streben war sowohl die poetische Herausforderung des Tasso als auch die Qual seines persönlichen Lebens.“
Für seine theoretische Reflexion stellt sich der Tasso bewusst in den Rahmen von Aristoteles‘ Poetik. Er macht das Vergnügen des Lesers zum Ziel jeder poetischen Arbeit und sieht in der Wahrung des Glaubwürdigen die wesentliche Bedingung, um dieses Ergebnis zu erreichen. Er beabsichtigt daher, dass das epische Gedicht auf der Geschichte gründet und dass die Wunder des Übernatürlichen im modernen Epos notwendig von Wesen – Gott oder Dämonen – ausgehen, an die die Leser glauben.
Der Tasso übernimmt somit den Begriff des „christlichen Wunderbaren“, nicht im Namen der Erhebung des Glaubens, sondern aus einem literarischen Kalkül heraus, das darauf abzielt, Wunderbares und Glaubwürdiges in Einklang zu bringen.
Im Gedicht haben die christlichen Vorstellungen in der Tat eine zusätzliche Funktion: sie sollen als Grundlage und Rechtfertigung für die Entwicklung der Handlung dienen. Es ist Gott, der im ersten Gesang dem Kreuzzug den verlorenen Schwung zurückgibt und im dreizehnten Gesang die Phase einleitet, die zum Sieg führt. Indem er Gottfried von Bouillon, entgegen der Geschichte, zum alleinigen Anführer, Gottes Erwählten, macht, erhebt der Tasso das monarchische Prinzip und verleiht seinem Protagonisten eine klare Vorrangstellung. Frommer Krieger, außergewöhnlicher Hauptmann, setzt Gottfried sich unermüdlich dafür ein, den Zusammenhalt der Armee aufrechtzuerhalten, um sie zum Sieg zu führen.
Das Exemplar ist vollständig mit den 2 Frontispizen (das dem Herzog von Savoyen gewidmete befindet sich am Ende) und den prachtvollen 20 ganzseitigen Tafeln.
Die ganzseitigen Figuren wurden fein graviert von Agostino Carracci und Giacomo Franco, nach Zeichnungen von Bernardo Castello. Zwei architektonische Frontispizen schmücken ebenfalls das Werk. Eines ist um das Porträt von Tasso in einer Kartusche gestaltet.
Der Rahmen des anderen zeigt ein architektonisches Dekor mit dem Porträt des Herzogs von Savoyen im oberen Zentrum in einer Kartusche; zentrales Titelbild flankiert von toskanischen Säulen und Wappen mit Sprüchen und Kompassen links, und rechts mit einem gekreuzten Schwert und einem Zepter mit Krone; im unteren Register männliche und weibliche Figuren in Rüstung, möglicherweise Tancredi und Clorinda darstellend.
Das Argument jedes Gesangs ist in einer Holzschnittkartusche eingefügt.
Kostbares Exemplar sehr elegant zeitgenössisch in rotem Maroquin gebunden, verziert mit dem Monogramm HD im Zentrum der Einbände.
« [HD] manifesta sa qualité d’amateur de volumes illustrés par une habitude singulière, qui consiste à coller des gravures aux contreplats de ses livres à figures ».
« Les livres [de cet amateur français de la fin du XVIIe siècle] sont marqués du monogramme HD entouré de quatre fermesses au centre des plats des reliures.
On a très récemment avancé, écrit encore Jean-Marc Chatelain, l’hypothèse que ces initiales désigneraient Jérôme (Hierosme suivant l’orthographe ancienne) Duvivier, connu dans l’histoire littéraire comme un correspondant et ami de La Fontaine […] Quelle que soit son identité exacte, le petit nombre des livres qu’on lui connaît jusqu’à présent permet de supputer l’existence d’un cabinet de livres choisis selon des critères [bien connus]. Il s’agit d’une part de critères esthétiques, dont le premier est celui de l’illustration : HD est collectionneur de livres à figures […]. »
Ex-libris „Aus der Sunderland Library, Blenheim Palace, gekauft, März 1883, von Bernard Quartich, 15 Piccadilly, London.“